Samstag, 21. Juli 2018

Dianthus armeria CARYOPHYLLACEAE - Raue Nelke


Die RAUE NELKE Dianthus armeria, eine in Deutschland regional stark gefährdete Wild-Nelkenart  im BOTANISCHEN GARTEN DES CID INSTITUTES

Dipl Biol. Peter Ulrich Zanger

25. Juni 2018

Ein Beitrag zur Schriftenreihe Naturkundliche Notizen III (seit 25. Juni 2018)




Sucht man im DUDEN die Wortbedeutung für "rau" so findet man für dieses Adjektiv beispielsweise die synonymen Begriffe "nicht mild", "unangenehm kalt", "kratzige bzw. rissige Oberfläche", "nicht lieblich", "Feingefühl vermissen lassend" und "roh". Nichts davon scheint aber auf den ersten Blick hin für eine Charakterisiserung der Rauen Nelke zuzutreffen, so dass man sich als erstes einmal zu fragen beginnt, wie dieses zarte, harmonisch gefärbte, feingliedrig gestaltete und ästhetisch dekorierte Blümlein nun zu seinem deutschen Trivialnamen gekommen sein könnte.

Raue Nelke ist nun auch nicht der einzige deutsche Name, der Dianthus armeria bezeichnet, die Wildblume ist ebenso regional in Schlesien als "Deptforder Nelke" und in Ostpresussen als "Thiernägelein" bekannt. Die genauere Betrachtung des wissenschaftlichen Names der Blume und ihre gleichlautende Verwendung in der spanischen Sprache, wo sie als CLAVEL ARMERIA benannt ist, führen dann allerdings schon näher an eine "nicht so liebliche" tiefere Wortbedeutung heran, den "Armeria" bedeutet im Spanischen "Waffenschmiede". Demnach wäre oder ist die Raue Nelke also die Nelke der Waffenkammern was wiederrum eine Bedeutungs-Brücke zu den beiden "ostdeutschen" Trivialnamen schlägt, denn "Tiernagel" ist gleichbedeutend mit "Kralle" und "Deptford" ist ein Londoner Stadteil südlich der Themse und historisches Zentrum der Britischen Kriegsmarine "Royal Navy" und letztere an das rauhe Klima der Nordmeere gewöhnt.

Das natürliche Verbreitunsgareal der Rauen Nelke ist Süd- und Mitteleuropa bis in den Caucasus, wobei die nördlichen Verbreitungsgrenzen der Süden von Schottland und Schweden sind. In Mitteleuropa wächst sie auf Höhen bis etwa 1000 Meter und bevorzugt Mittelgebirgslagen an Waldsäumen und Trockengebüschen und auf Magerrasen / Halbtrockenrasen auf kalkarmen, lehmigen Böden. In Spanien findet man sie in Castillien und Leon, also den zentralen Landesprovinzen in welchen kein mediterranes sondern "rauheres" Klima vorherrscht.







RAUE NELKE Dianthus armeria 
im JARDIN BOTANICO INSTITUTO CID Weilmünster


Bei der botanischen Artbestimmung der Rauen Nelke findet man die sehr ähnlich gezeichnete Heide-Nelke (Dianthus deltoides) mit dem auf den ersten Blick hin sehr verwechselbaren Blüten-Zeichnungsmuster, das von oben betrachtet dem von einem, in eine Wasseroberfläche stürzenden Wassertropfen erzeugten Wellen- und Wasserspritzer-Muster ähnelt. Die im Jardin Botanico Instituto CID wachsenden Exemplare der Rauen Nelke unterscheiden sich jedoch von heimischen Heide-Nelken durch ein dunkler gefärbtes Blütenfeld unterhalb der weissen Punktierung und den farblich intensiver und exakter gezeichneten Begrenzungsring des zentralen, kreisförmigen Blütenfarbfeldes. Desweiteren laufen die äusseren Blütenblattränder der Rauen Nelke auffällig konisch-spitz zu während die der Heide-Nelke deutlich abgerundeter sind. Letztendlich ist aber die Artbestimmung wegen des Grössenunterschiedes kein Problem, denn der Durchmesser der Blüten von Dianthus armeria liegt unter 1 Zentimeter während die Blüte von Dianthus deltoides rund doppelt so gross ist.




Blütenform und Farbmuster der RAUEN NELKE Dianthus armeria (links)
im Vergleich zur HEIDE NELKE Dianthus deltoides (rechts)


Im Botanischen Garten des CID Instituts erweist sich die seit mindestens 20 Jahren hier wachsende Blütenpflanze als wenig gärtnerisch manipulierbar, da sie allen Uersuchen der systematischen Um- bzw. Anpflanzung widerspenstig trotzt und immer wieder an ihrem ursprünglichen Wuchsort nachwächst, während sie in den systematisch für sie angelegten Beeten nach 1 Jahr wieder verschwunden ist. Dabei zeigt sie sich als robust und an die Konkurrenz und den anthropogenen "Pflege-Druck" eines regelmässig gemähten Rasens als durchaus gut angepasst. Warum ist die Wild-Nelke dann in ihren Naturräumen in Deutschland gefährdet und wird regional als vom Aussterben bedroht eingeordnet ?

Sandtrockenrasen, Halbtrockenrasen, Silikat-Magerrasen, Waldsäume und Trockengebüsche zählten in den vergangenen Jahrzehnten zu den unter starkem Veränderungsdruck stehenden Biotopen, die aus landschaftsgestalterischen, forst- und landwirtschaftlichn Gründen häufig Opfer von anthropogenen Eingriffen geworden waren, so dass diese Habitatformen unter besonderen Schutz gestellt werden mussten und nicht selten auch als Naturschutzgebiete mittels angepasster Pflegemassnahmen erhalten wurden. Somit ist eigentlich zu erwarten, dass sich in Zukunft die Bestandssituation auch der Rauen Nelke wieder verbessert.

Im JARDIN BOTANICO INSTITUTO CID wird der glücklicherweise sehr stabile Wildnelken-Bestand im Rahmen des Programmes zur Erhaltung und Vermehrung seltener oder gefährdeter Wildpflanzen, Heilpflanzen und Neophyten als Teil der Genetischen Bank des RJBICIDW gefördert und vermehrt.


RAUE NELKE Dianthus armeria 
im JARDIN BOTANICO INSTITUTO CID Weilmünster







NATUR DES WEILTALES - DIE NATUR WEILMÜNSTER / Schriftenreihe DIE WILDPFLANZEN WEILMÜNSTERS


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